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Buchrezension Deborah Levy: Augustblau

Klaviervirtuosin begegnet sich selbst

Deborah Levy schickt ihre Protagonistin auf die Suche nach ihrer eigenen Identität.

vonRaphaela Hag,

Wer spielt in einem Konzert die Hauptrolle: Solist oder Dirigent mit Orchester? Und wie verhält es sich, wenn der Solist eine Frau ist? Deborah Levy wirft in ihrem Roman „Augustblau“ viele Fragen auf. Auch die Ich-Erzählerin, die 34-jährige Klaviervirtuosin ­Elsa M. Anderson, muss sich Fragen stellen. Etwa, wie es mit ihrer Karriere weitergehen soll. Das Konzert im traditionsreichen Wiener Musikverein war restlos ausverkauft, als sie Rachmaninows zweites Klavierkonzert nach zwei Minuten abbrach und die Bühne verließ – mit dem Gefühl der Niederlage. Für Elsa beginnt eine Suche nach sich selbst. Wer ist sie wirklich? Wie will sie leben? Und welche Rolle spielt dabei ihre „seelische Doppelgängerin“, deren Weg sie in Athen, London und Paris kreuzt?

Deborah Levy gelingt literarische Neukomposition

Levy schreibt lakonisch, in poetischen Bildern voller Symbolkraft. Melancholie zieht sich durch die Geschichte, die trotz Corona, Quinoa-Salat und E-Rollern eigenartig zeitlos wirkt. Wie Elsa selbst erfassen wir vom Kopf her die große Trauer und Wut, können sie aber trotz mancher entlarvenden Spitzen nicht spüren. So sinniert auch Elsas Lehrer und Adoptivvater ob seiner geringen Körpergröße, es sei „nicht viel Marmor oder Bronze nötig“, um ihm, dem „kleinen Maestro“, nach seinem Tod ein Denkmal zu setzen.

Deborah Levys neuer Roman spielt mit dem Doppelgängermotiv
Deborah Levys neuer Roman spielt mit dem Doppelgängermotiv

Elsa widmet sich verstärkt dem Komponieren. Der „üblichen alten Komposition“ möchte sie eine neue entgegensetzen – auch im übertragenen Sinn. Sie möchte „die alte Welt schmelzen sehen wie Winterschnee“ und erlebt in Begegnungen mit anderen, dass sie mit diesem Wunsch nicht allein ist. Levy ist mit diesem Roman eine literarische Neukomposition gelungen, die sowohl bei Elsa als auch beim Leser ein Gefühl von Liebe, Trost und Versöhnung hinterlässt.

Augustblau
Deborah Levy
AKI, 176 Seiten
24 Euro

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