Gustav Mahlers Dritte wurde 1902 zwar nicht in Köln, sondern in Krefeld uraufgeführt. Doch das in Köln beheimatete Gürzenich-Orchester verstärkte angesichts der großen Besetzung damals die Krefelder Kollegen. Das Repertoire hat also bei den Kölnern eine lange Tradition. Gürzenich-Chef François-Xavier Roth entlockt heute seinen Musikern Sinnliches und subtil Doppelbödiges. Doch das existenziell Gefährdete, Zerrissene, Grelle, Bissige, auch der zuweilen aufblitzende Kitsch, dies alles wird letztendlich zu wenig gewagt. In den ersten vier Sätzen wirkt vieles wie abgefedert, wie mit einem Sicherheitsnetz versehen. Erst in der von Mahler bewusst naiv ausgestellten Choridylle des fünften Satzes, der zugleich mit Melancholie untergraben wird, und in den sensibel angelegten emotionalen Steigerungen des langsamen Schlusssatzes wird es richtig existenziell. Hier geht es dann auch unter die Haut.
Mahler: Sinfonie Nr. 3
Gürzenich-Orchester Köln, François-Xavier Roth (Leitung)
harmonia mundi