François-Xavier Roth präsentiert Ravels mit Abstand am größten instrumentierte Orchesterkomposition dezidiert als Schlüsselwerk der Moderne. Mit seinem sehr konsequenten und dynamischen Dirigat lässt Roth den lyrischen, melancholischen Momenten der Partitur durchaus ihren Raum, betont aber vor allem ihren experimentellen Klangcharakter, ihre Kleinteiligkeit, ihre vielen exotischen Farbsplitter, ihre fast überbordend dominant stampfenden Rhythmen. Diese Lesart wird gestützt vom elastischen, ohne jedweden Überwältigungsgestus daherkommenden Klang der durchgängig virtuos gespielten historischen Blasinstrumente. Sie beeindruckt besonders, wo schlank, fast solistisch musizierte Passagen in breite, melodisch kaum bewegte Klangflächen kippen, die, oft gerahmt vom brillant vokalisierenden Ensemble Aedes, auf heutige Filmmusik vorausweisen sowie auf Phänomene wie Philip Glass oder Ludovico Einaudi.
Ravel: Daphnis et Chloé
Ensemble Vocal Aedes, Les Siècles, François-Xavier Roth (Leitung)
harmonia mundi