Ian Bostridge hat sich entschlossen, Schuberts „Winterreise“ erneut aufzunehmen: Jetzt mit dem Komponisten Thomas Adès am Klavier, beide sind mit dem Programm erfolgreich durch Europa und die USA gereist. Bostridges schlanker, äußerst wandlungsfähiger Tenor schafft es, verdichtete Emotionen unmittelbar zu entfalten. Mit klug gesetzten vokalen Einfärbungen und Akzentuierungen. Hier gelingt tatsächlich ein individueller Zugriff auf die Lieder, Bostridge schürft tief im Gefühlsgehalt des Zyklus, ungekünstelt, ohne irgendwelche Opernmanierismen, ohne bemühten „Volkston“, ohne Pathos, authentisch, kompromisslos direkt. Thomas Adès arbeitet so subtil wie plastisch das Charakteristische des Klaviersatzes heraus und schafft so die dichte Atmosphäre als Grundierung und Kommentar. Außerdem hat er – ein Plus für die Emotionen – keine Angst vor Schärfen und Härten im Klang. Mit dieser Aufnahme ist ein Meilenstein gelungen, eine Winterreise für das 21. Jahrhundert. Sehr bewegend.
Schubert: Winterreise
Ian Bostridge (Tenor), Thomas Adès (Klavier)
Pentatone