Lange hat er gezögert, mehr aus Ehrfurcht denn aus Ablehnung. Nun hat Leif Ove Andsnes sein erstes Album mit Musik von Frédéric Chopin vorgelegt, mit allen vier Balladen und drei Nocturnes als Zwischenpuffern. Wie zuletzt bei seiner Sibelius-CD überzeugt Andsnes als poetischer Erzähler besonders in den ariosen leisen Passagen. Er war nie ein Hasardeur, der um jeden Preis das Risiko sucht. Auch hier nicht. So könnte man gleich mehrere packendere Alternativen anführen, wenn es um den Furor am Ende der ersten Ballade geht. Doch das ist nicht Andsnes’ Anliegen. Er will nicht überrumpeln, sondern organisch erzählen. Das merkt man schon an den Einstiegs-Formulierungen am Beginn einer jeden Ballade: diskret, vorsichtig, klangschön, und nie, beim ersten Forte, in einen rohen Tonfall wechselnd. Das mag insgesamt vielleicht etwas zu wenig kontrastiv sein, ist aber in sich stimmig und konsequent.
Chopin: Balladen 1-4 & Nocturnes Nr. 4, 13 & 17
Leif Ove Andsnes (Klavier)
Sony Classical