Lullys bis weit ins 18. Jahrhundert gespielte und 1674 uraufgeführte „Alceste“ setzt im Mythos von Gattinnentreue und Opferbereitschaft ganz andere Schwerpunkte als Glucks auf die Hauptfiguren ausgerichtete Adaption. Wenn im Prolog die Nymphen französischer Flüsse zu festlichen Spielen auffordern, geht es auch um eine Entführung und die Liebe von Herakles zu Alceste. Stéphane Fuget zelebriert die prachtvolle, erlesene und deshalb wunderbare Musik mit Anmut und Würde. Véronique Gens brilliert als Alceste, eine „rôle à baguette“, womit man im absolutistischen Frankreich das Partienfach der Königinnen und Zauberinnen bezeichnete. Im hochqualifizierten, ambitionierten und sich mit passionierter Präzision ohne Spannungsverlust durch das lange Opus schlagenden Ensemble gibt es keinen einzigen schwachen Punkt. Deklamation und delikate Tongebung sind perfekt wie die Schattierungen von Les Épopées.

Lully: Alceste
Véronique Gens (Alceste), Cyril Auvity (Admète), Camille Poul (Céphise), Chœur de l’Opéra royal, Les Épopées, Stéphane Fuget (Leitung)
Château de Versailles