Eine wundervolle Idee, auf einer CD gleich zweimal Luciano Berios Auseinandersetzung mit Gustav Mahler zu zeigen: In Sinfonia aus dem Jahr 1968 hat Berio die Stimmung des politisch bewegten Jahrzehnts in Musik gefasst. So benutzt Berio etwa das schnurrende Scherzo aus Mahlers zweiter Sinfonie als Trägerschicht für eine furiose Collage aus Literaturzitaten, Protestparolen und Anklängen von Strauss bis Stockhausen. Vor allem hier lichtet Josep Pons mit dem BBC Symphony Orchestra und den Synergy Vocals die wildwuchernden Referenzen und arbeitet sämtliche Bezüge und Zitate plastisch heraus, entschieden in den Gesten, dramatisch. Die Interpretation ist ungemein lebhaft. Bei Berios Orchesterversionen von Mahler-Liedern zeigt sich Matthias Goerne markant, erdig, erfahren, was den Melodien eine perfekte Dramatik verleiht, weil er aus einem reichen Ausdrucksschatz schöpft. Referenzaufnahmen in beiden Fällen.
Gustav Mahler: Frühe Lieder (orchestriert von Luciano Berio)
Luciano Berio: Sinfonia
Matthias Goerne (Bariton), The Synergy Vocals, BBC Symphony Orchestra, Josep Pons (Leitung)
harmonia mundi