Augenblicklich erleben wir die faszinierende Wiederentdeckung der Musik von Mieczysław Weinberg. Lange Zeit stand der jüdisch-polnische Komponist, der aufgrund der Gräueltaten der Nazis in die Sowjetunion emigrierte, im Schatten seiner Zeitgenossen und Nachfolger. Erst heute – nicht mehr unter dem Druck ästhetischer und ideologischer Dogmen – scheint die Klangsinnlichkeit und die Ausdruckskraft von Weinbergs Werken wirklich gebührend geschätzt zu werden. Sei es die sehnsuchtsvoll elegische Sinfonie Nr. 2 für Streicher von 1946, sei es der Kosmos der Sinfonie Nr. 21 „Kaddish“ von 1991 für großes Orchester, Sologeige und Sopran, in ihrer Spannweite und Tiefe mit Mahler-Werken vergleichbar und darüber hinausgehend: Typisch für Weinberg sind subtile Ambivalenzen und eingebaute Kontraste, Schatten und Licht, Vorder- und Hintergrund, voller und prekärer Klang. Dies alles hier brillant neu erweckt von Mirga Gražinytė-Tyla, Gidon Kremer und zwei phänomenalen Klangkörpern.
Weinberg: Sinfonien Nr. 2 & 21 „Kaddish“
Gidon Kremer (Violine), City of Birmingham Symphony Orchestra, Kremerata Baltica, Mirga Gražinytė-Tyla (Leitung)
Deutsche Grammophon