Man sollte das Nachwort des mit Udo Zimmermann über Jahrzehnte beruflich vertrauten Matthias Herrmann vor der von ihm und Zimmermanns Ehefrau Saskia zusammengetragenen Text- und Bildauswahl über den 2021 im Alter von 78 Jahren gestorbenen Komponisten und Intendanten lesen. Herrmann liefert eine künstlerisch-soziale Entwicklungsbiografie, die neben seiner musikalischen Prägung im Dresdner Kreuzchor auch Zimmermanns Beitritt zur SED beleuchtet. Vor allem aber würdigt Herrmann sachlich und mit differenziert hoher Wertschätzung die in den letzten Jahren der DDR und den ersten Jahrzehnten nach der Wiedervereinigung maßgeblichen künstlerischen Leitungen Zimmermanns an der Oper Bonn, der Oper Leipzig (bis heute nicht wieder erreichte Glanzzeit), der Deutschen Oper Berlin (unschönes Ende) und der Konzertreihe „musica viva“ des Bayerischen Rundfunks.
Porträt eines differenziert denkenden Kulturschaffenden
Leider erhält auch hier die in über 250 Inszenierungen gezeigte Oper „Die weiße Rose“ höhere Aufmerksamkeit als andere ebenso bedeutende, aber vernachlässigte Bühnen- und Orchesterwerke Zimmermanns. In der DDR galt er als einer der wichtigsten Komponisten seiner Generation, und er wurde zweimal Composer in Residence der Salzburger Festspiele. Der Band verdeutlicht, wie unterschiedlich in den beiden deutschen Systemen die Erwartungen an eine maßgebliche Persönlichkeit waren. Es entsteht das Porträt eines differenziert denkenden Kulturschaffenden, der seine Leitungsaufgaben mit immensem Anspruch und großem Zuspruch erfüllte.