Bach war definitiv nie in Polling. Dennoch hat die bezaubernde Atmosphäre des Bibliotheksaal im oberbayrischen Kloster Polling, das als Pfeiffering in Thomas Manns „Doktor Faustus“ eine zentrale Rolle spielt, den jungen Schweizer Geiger Sebastian Bohren hörbar beflügelt. Dort hat er die Sonaten und Partiten BWV 1004-1006 eingespielt. Sie bezaubern und faszinieren den Hörer vom ersten bis zum letzten Takt: voller Esprit, geistsprühend, voller Wärme und Anteilnahme, spannungsgeladen oder von tiefer Ruhe erfüllt. Dass Bohren diese Meilensteine für jeden Geiger mit technischer Vollendung darbietet, versteht sich dabei von selbst. Seinem Spiel zu lauschen macht glücklich – und ein wenig wehmütig zugleich. „In Richtung Himmel gesungen“ ist der Booklettext überschrieben. Das trifft es genau. Bohren scheint ganz aus sich heraus zu musizieren. Eben diese Individualität braucht es heute, im Zeitalter der allgegenwärtigen Verfügbarkeit jedweder Kunst, mehr denn je.
Bach: Violinsonaten & Partiten BWV 1004-1006
Sebastian Bohren (Violine)
RCA/Sony Classical