Viril und bockig rhapsodiert Thomas Guthrie von Leid, Leidenschaft und Eifersucht. Scharf fahren die Instrumente von Barokksolistene in diese Bestandsaufnahme und sind fast so verletzend wie die schmerzhaften Emotionen von Schuberts und Müllers Liebesenttäuschung-Report. Thomas Guthrie will das Wissen um Deklamation und die rhetorische Gestaltung in Musik und „Kunstlied“ wiederbeleben. Damit bieten die Wellenbänder und rhythmischen Figuren der Begleitung keinen Schutz mehr vor Schuberts melodischer Schmerzmunition. Im Gegenteil: Mit der Treffsicherheit des Regisseurs und der Genauigkeit des Alte-Musik-Experten holt Thomas Guthrie Bitterstoffe aus den Noten und verwandelt sie in Klangschärfe. Nicht allen wird dieses essenzielle Arrangement von in Seelenfeuer gehärteten Worten und in Melodien verhüllten Stichverletzungen gefallen. Doch diese Haltung kommt Schuberts Abgründen beklemmend nahe.
Schubert/Guthrie: Die schöne Müllerin D 795
Barokksolistene, Bjarte Eike (Violine & Leitung)
Rubicon