Liszt war während seiner Weimarer Zeit von Schuberts Kompositionen fasziniert. Davon zeugen nicht nur die von Martin Haselböck bereits eingespielten Schubert-Bearbeitungen Liszts, sondern auch dessen koloristisch faszinierende Orchestrationen von Schuberts und eigenen Liedern. Dieses Album gehört ohne Wenn und Aber zu den drei besten Orchesterlied-Trouvaillen der letzten Zeit neben den Alben von Palazzetto Bru Zane für Massenet und den von Guillermo García Calvo dirigierten Kleinoden Hans Sommers. Der Ungar und Weltbürger Liszt erweist sich einmal mehr als packender Musikdramatiker ohne Bühne und Dekorationen. Die Stimmen und Instrumente modellieren hier alle Spannungen und Affekte der oft übersinnlich gruseligen Sujets. Ohne die hervorragenden Leistungen der anderen Solisten und des Chorus Viennensis zu schmälern: Thomas Hampson, der in seinen Reifejahren mit weißen Tönen und fast scharfer Artikulation Erinnerungen an Dietrich Fischer-Dieskau wachruft, vereint eine romantische Haltung und packende Sensibilität. Bei Hampsons phänomenal reflektierter Gestaltung von „Die drei Zigeuner“ verlieren alle antirassistischen Bedenken ihre Berechtigung. „Der irrende Jude“ steigert sich zum irrlichternden Mini-Epos. Und durch die Instrumentalfarben wie durch Stephanie Houtzeel gewinnt Liszts „Loreley“ eine hypnotische Beklemmung, wie sie Friedrich Silchers weitaus bekannterer Vertonung unerschlossen blieb. Das Orchester Wiener Akademie zelebriert die bewundernswerten Kleinode mit Empathie und dunkler Schönheit.
Liszt: Orchesterlieder
Sunahe Im (Sopran), Stephanie Houtzeel (Mezzosopran), Thomas Hampson & Tomascz Konieczny (Bariton), Chorus Viennensis, Orchester Wiener Akademie, Martin Haselböck (Leitung)
Aparte