Ein sich nicht schuldig bekennender und zum Tode verurteilter Mörder ersucht den seelsorgerischen Beistand einer Nonne, deren religiöse und zugleich moralische Überzeugungen in diesem Zuge eine harte Probe erfahren. Mithilfe ihres Glaubens begleitet Helen Prejean den angeklagten Joseph De Rocher bis zur Vollstreckung und erlebt dabei hautnah die prekäre Grauzone zwischen Schuld und Vergebung. Wie rechtfertigt man letztere vor jenen, die zu Schaden gekommen sind?
Jake Heggies Opernadaption des Buchs „Dead Man Walking“ von Helen Prejean konfrontiert die Zuschauer seit 2000 mit ebendieser verzwickten Situation und bietet ein Musiktheater fernab von Schwarz und Weiß an. In seinem ersten Bühnenwerk verbindet der Komponist aus Florida Opernelemente, Broadway-Atmosphäre, Blues und Gospel mit emotional akzentuierten Klangvisionen. Regisseur Wolfgang Nägele verhandelt die für Europäer eher ungewohnte Frage nach einer berechtigten Todesstrafe in seiner Inszenierung am Theater Bielefeld. (Hannah Duffek)