In wenigen Werken tritt die ästhetische wie weltanschauliche Vielfalt des Fin-de-Siècle so deutlich hervor wie in Albéric Magnards „Guercœur“: Versatzstückhaft greifen Elemente der Oper, des Oratoriums und des geistlichen Mysterienspiels ineinander. Die symbolistisch geprägte Thematik der Erlösung trifft auf französischen Katholizismus sowie auf Ideale der Demokratie. Opulente Bruckner– und Wagner-Klänge vermischen sich mit französischem Lyrismus à la Berlioz.
Im Zentrum des Werks steht der Freiheitskämpfer Guercœur. Dieser sehnt sich im Paradies nach seiner Frau und seinem Volk auf der Erde. Als man ihn dorthin zurückschickt, findet er eine ins Schlechte gewandelte Welt vor. Gewalt und Totalitarismus greifen um sich. Desillusioniert kehrt der Ritter in den Himmel zurück, wo ihm nur noch die Allegorie der Hoffnung Trost spenden kann. Nach der posthumen Uraufführung 1931 an der Opéra Garnier wurde das Werk lediglich 2019 in Osnabrück und 2024 in Straßburg erneut aufgeführt. Nun wagt die Oper Frankfurt eine Neuinszenierung dieses selten gespielten Meisterwerks unter der Regie von David Hermann. (PE)