Goethes zur Zeit des Sturm und Drang entstandene Figur des Werther gilt als Inbegriff tragischer Liebe. Der Anekdote nach soll Napoleon den Briefroman mit in die Verbannung auf St. Helena genommen haben. Knapp einhundert Jahre nach seiner Veröffentlichung griff Jules Massenet das Sujet in seiner Oper „Werther“ als die Geschichte einer amour fou auf: hier die Charlotte, die am Sterbebett der Mutter auf die Heirat mit dem strebsamen, aber irgendwie auch langweiligen Albert geschworen hat; da der leidenschaftlich impulsive Rechtspraktikant Werther. Charlotte entscheidet sich für Albert, Werther beginnt mit nahezu terroristischer Redundanz seine Gefühle zu erklären und schreckt auch vor psychologisch drastischen Mitteln nicht zurück, um Charlotte doch noch für sich zu gewinnen: Er kündigt seinen Selbstmord an. Am Weihnachtsabend schließlich eilt Charlotte zu ihm …
Herbert Föttinger inszeniert Massenets 1892 in Wien uraufgeführtes, musikalisch hochromantisches Werk als „psychologisches Kammerspiel um erwachende Liebeslust und die Schwierigkeit, aus dem gewohnten Milieu auszubrechen“. (JM)