Ein zerberstender Konzertflügel dessen Einzelteile dem Pianisten Ludwig van Beethoven um die Ohren fliegen: Die explosive Dynamik, die Comiczeichner Moritz Stetter hier ins Bild setzt, speist sich aus einer Bemerkung des Geigers Louis Spohr: „Im Forte schlug er so drauf, dass die Saiten klirrten.“ Die Graphic Novel „Mythos Beethoven“ erzählt keine zusammenhängende Geschichte, sondern arbeitet mit Momentaufnahmen und kurzen Szenen aus dem Leben des Komponisten, die textlich auf historisch überlieferte Aussagen über den Meister oder von ihm selbst basieren. So bilden übergroße Notenlinien und Partiturausschnitte die Landschaft, die Beethoven grübelnd durchschreitet, und werden dabei zum Sinnbild des schöpferischen Prozesses.
Mit fettem Strich dem Mythos Beethoven auf der Spur
Ein fiktiver Dialog zwischen Beethoven und Napoleon wirft ein Licht auf die Entstehung der „Eroica“, während Beethovens zunehmende Taubheit sich in den bis zur Unleserlichkeit erblassten Sprechblasentexten niederschlägt. Mal darf der Meister mit erhobenem Taktstock völlig losgelöst von allem Irdischen durch den Weltraum schweben, dann wieder sehen wir ihn als flammenspeienden Feuerkopf, als missbrauchte Figur des nationalsozialistischen Rassenwahns. Stetters Schwarz-Weiß-Zeichnungen mit meist dezent monochromer Farbgebung sowie sein fetter Strich, der alles deutlich konturiert, erinnern an plakative Gebrauchsgrafiken. Einsteiger in die Welt des großen Wiener Klassikers können sich hier viele Anregungen holen, in welche Richtung sich der Mythos Beethoven weiter zu verfolgen lohnt.