Das Thema „Tod“ zieht sich durch Gustav Mahlers Leben und spiegelt sich auch in seinem Werk wider. Allein sechs seiner 13 Geschwister, seine Eltern und auch seine Tochter Maria starben viel zu früh. Vielleicht war es die Angst, das Leben könne zu kurz sein, die Mahler zu seinem rastlosen Arbeiten und Schaffen antrieb und ihn – erbarmungslos mit sich selbst und seiner Gesundheit, den Musikern und dem Publikum – nach musikalischer Perfektion streben ließ? Diesen Schluss jedenfalls legt Robert Seethaler nahe. In seinem Roman führt er uns an Deck der „Amerika“, auf der der sterbenskranke Mahler ein letztes Mal von New York nach Europa reist.
Mahler und der ewige Kreislauf des Lebens
Hier sitzt er eingehüllt in Decken, von einem Schiffsjungen umsorgt, und sinniert über seinen körperlichen Verfall und den Tod. Er denkt an die Sommer, die er komponierend in Toblach verbrachte, an seine Frau Alma, die er vergöttert, die aber bereits an den Stäben ihres goldenen Käfigs sägt. Er denkt daran, wie er mit den Töchtern herumtollt, denkt an die triumphale Uraufführung seiner achten Sinfonie. Viele Symbole verweisen auf das Sterben und den ewigen Kreislauf des Lebens. So auch der „Abholer“, ein Vogel, den die Österreicher so nennen, weil er die Seelen der Verstorbenen heimholt. Er ist es, dessen »dummen, gemeinen Ruf aus dem Dunkel« Mahler in seiner neunten Sinfonie in drei einzelnen Tönen aufgreift. Seethaler gelingt es, in verdichteter Form den Dirigenten, Komponisten und Menschen Mahler in seiner Zerrissenheit und all seinen Facetten zu zeigen.