In Hamburg spielen sie den Gerichtsdiener Frosch in Johann Strauss‘ „Fledermaus“. Welcher Reiz geht für Sie von diesem Stück aus?
Jürgen Tarrach: Jeder sucht nur nach seinem Vergnügen, es wird intrigiert und gefeiert, als ob es kein Morgen gäbe. Der Frosch verzweifelt indes als „Gschaftlhuber“ an der Bourgeoisie, die ihn im Stich lässt. All das ist sehr wienerisch, und ich habe eine große Affinität zu dieser Stadt, in der ich studiert habe. Ich bin der erste singende Frosch. In der hiesigen rosafarbenen Inszenierung stimme ich als Putte verkleidet das „Hobellied“ an, ein Alt-Wiener Couplet über die Endlichkeit des Lebens. Danach halte ich meinen Monolog mit dezenten Anspielungen an das Zeitgeschehen, das entspricht der Wiener Tradition.
Was schätzen Sie an Klassik jenseits der Leichtigkeit Wiener Operetten?
Tarrach: Ich bin weder Gourmet noch Kenner. Als meine Frau zum ersten Mal schwanger war, haben wir viel Klassik gehört, es hieß, das Kind würde dadurch intelligenter. Das ist gelungen (lacht). Wenn jetzt diese erhabene, feierliche Musik im Radio läuft, denke ich immer, es ist Sonntag. Aber ich will nicht jeden Tag Sonntag haben.
Sie haben französische Chansons gesungen und deutschen Fado aufgenommen. Lieben Sie die Melancholie?
Tarrach: Ich sehe mich als Melancholiker, wobei das in Deutschland oft missverstanden wird. Melancholie ist gelebtes Leben. Ich denke an schöne, aber unwiederbringlich verlorene Momente in der Vergangenheit zurück, das macht mich etwas traurig, aber auch glücklich. Im portugiesischen Fado-Lokal wird diese bittersüße Mischung als Genusserlebnis begriffen und wie eine heilige Messe gefeiert.