(UA Wien 1802)
ADAGIO MOLTO – hinter dem Eingangsportal empfängt uns zarte, helle Bläserkammermusik, dann wieder ein Portal – der Streicherchor greift das Thema auf, reichert es harmonisch an und läßt es in kraftvoller Dynamik mit schwirrenden Trillern kadenzieren. Doch damit nicht genug – nun öffnen sich die inneren Türen: überraschende Modulationen, pulsierende Akkorde, schweifende Figurenkaskaden, leuchtende Akzente – ein Feuerwerk musikalischer Ideen von allen Seiten: die Vision eines künftigen sinfonischen Lebenswerkes erscheint – donnert es nicht plötzlich wie in der Neunten Symphonie? Erschrocken halten wir ein – welch riesiger Klangraum tat sich eben auf! Wird er gestaltet werden können? Die Erregung schwillt ab – die Einleitung fokussiert sich auf das Hier und Jetzt:
ALLEGRO CON BRIO – das erste Thema entschlossen, das zweite optimistisch, dem ersten sehr verwandt; nur vor der Schlußgruppe ein kurzes, fragendes Innehalten – ein kämpferischer Kopfsatz.
LARGHETTO – ohne Trompeten und Pauken: hier wird nicht gekämpft, hier walten Frühling und Liebe. Welch durchsichtiger, lächelnder Orchesterklang, welch Reichtum anmutiger und spielerischer Themen – wer die Achte kennt, erahnt sie schon hier.
SCHERZO – wie Kobolde springen die tanzenden Viertel zwischen den Orchestergruppen hin und her. Die Partitur sieht luftig aus – es sind nur wenige Noten zu spielen, aber jede muß sitzen! Wer die Neunte kennt, erahnt sie im federleichten TRIO.
ALLEGRO MOLTO – das Finalethema springt über die Mauer und stürmt ins Leben…das Seitenthema blickt – modulierend – in die Weite, als suchte es Franz Schubert…am Schluß der Symphonie zwei lange Fermaten: ein Durchatmen, ein Lauschen in die musikalische Zukunft: was wird kommen? Man darf gespannt sein – auf die Eroica…
(Mathias Husmann)