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Schubert: Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 „Große“

(UA Leipzig 1839) 1839 besucht Robert Schumann Wien. Bei einem Besuch an Franz Schuberts Grab fällt ihm ein, dass dessen Bruder Ferdinand in Wien lebt. Dieser zeigt ihm Partituren aus Schuberts Nachlass. „Freudeschauernd“ hält Schumann eine große C-Dur-Symphonie (entstanden vermutlich 1827) in den Händen. Er informiert sofort Felix Mendelssohn Bartholdy, und dieser hebt noch im…

(UA Leipzig 1839)

1839 besucht Robert Schumann Wien. Bei einem Besuch an Franz Schuberts Grab fällt ihm ein, dass dessen Bruder Ferdinand in Wien lebt. Dieser zeigt ihm Partituren aus Schuberts Nachlass. Freudeschauernd hält Schumann eine große C-Dur-Symphonie (entstanden vermutlich 1827) in den Händen. Er informiert sofort Felix Mendelssohn Bartholdy, und dieser hebt noch im gleichen Jahr mit dem Gewandhausorchester Leipzig die „Große“ aus der Taufe. Schumanns Aufsatz in seiner Neuen Zeitschrift für Musik zeigt, was ihm dieses Werk bedeutete, und zeigt, wie gut stilistisch getroffen die Uraufführung gewesen sein muss.

Es galt damals für die Komponisten, „nach Beethoven abzustehen von symphonischen Plänen“. Doch Schubert, dessen symphonisches Werk unbekannt war, zeigte hier – nach den symphonisch-dramatischen Gipfelleistungen des Klassikers – einen neuen Weg für die Romantiker: Die epische oder „novellistische“ (Schumann) Symphonie. Deren Formteile sind nicht mehr Stadien eines Kampfes, sondern Episoden, Landschaften, die durchwandert und erlebt werden.

„Es ist wahr, dies Wien mit seinem Stephansdom …von der Donau mit unzähligen Bändern umgürtet … alles mit einem leisen katholischen Weihrauchduft überzogen … über das Ganze endlich eine Romantik ausgegossen … und diese himmlische Länge(!) … die völlige Unabhängigkeit, in der die Symphonie zu denen Beethovens steht … das Glänzende, Neue der Instrumentation, der reizende Wechsel des Gefühlslebens … in der Einleitung erscheint noch alles geheimnisvoll verhüllt … gänzlich neu ist der Übergang in das Allegro: Das Tempo scheint sich gar nicht zu ändern, wir sind schon angelandet, wissen nicht, wie.“

– „Wienerisch“: das offene, wanderbereite Hornthema der Andante-Einleitung, das selbstbewusste Hauptthema des Allegro-Hauptteils, das grantige Seitenthema,

– „katholisch“: der orgelartige Bläserklang der Einleitung, das chorische Wechselspiel zwischen den Orchestergruppen, die geheimnisvolle innere Stimme (Posaunen) im Allegro,

– „schubertsch“: die Rückung um einen halben Ton nach oben zu Beginn der Durchführung – alles ist wie vorher, nur das Licht ist anders,

– das lange Diminuendo zur Pianissimo-Reprise,

– im zweiten Satz Andante das einsam wandernde Thema (Oboe) – später gesellt sich ein Fremder dazu, bläst ihm den Marsch (Trompete), spielt ihm auf (Violinen), die Stimmung wird gereizt, der Schritt stockt, am Schluss herrscht Betroffenheit – was ist mit Franzl?

– „wienerisch“: das robuste Scherzo – ausgelassene Praterlaune,

– „katholisch“: das fromm-schwelgerische Trio,

– „schubertsch“: das himmlisch lange Seitenthema im Finale – eine zum Weinen schöne Cafémusik (Man achte nicht auf die etwas angestrengten Mienen der Violinisten bei den endlosen Triolen, sondern auf die behaglichen Mienen der zupfenden Bassisten).

Die himmlische Länge der letzten großen Symphonie Schuberts ist sprichwörtlich geworden; man hört, dass er beim Schreiben dieser meisterlichen Partitur glücklich war.

In der harmonisch entrückten Mitte des Finales klingt plötzlich die Neunte an, dann macht ein befremdliches Tremolo schaudern – Schubert war unter den Fackelträgern bei Beethovens Beerdigung 1827; beim anschließenden Umtrunk stieß er mit allen an – auf den nächsten …

(Mathias Husmann)

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